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Achtsamkeit

Werte-Antonym: Zielstrebigkeit

Wortformen: achtsam, achten, Achtung

Synonyme

Anteilnahme, Gegenwärtigkeit, Beachtung, Behutsamkeit, Empathie, Hingabe, Teilnahme, Bedacht, Engagement, Interesse

SteigerungWertschätzung, Hochachtung, Wertachtung

Englisch: awareness (Bewusstsein, Wahrnehmung), mindfulness (Aufmerksamkeit), watchfulness (Wachsamkeit, Achtsamkeit)


Wortherkunft

Ableitung aus dem Adjektiv „achtsam“ (achtsam sein); aus „achten“ = „schätzen, wertschätzen, aufpassen, Rücksicht nehmen. Das feminine Wort „Acht“ (für Beachtung) stammt aus althochdeutsch „ahta“ = „Überlegung, Meinung, Ansehen“ (um 800) und ist verwandt mit gotisch „aha“ = „Sinn, Verstand“, das vermutlich aus der germanischen Verbalwurzel *ah- = „denken, meinen“ und „erkennen“ stammt. Vom Substantiv abgeleitet ist das Verb „achten“ = „schätzen, aufpassen, Rücksicht nehmen“, aus althochdeutsch „ahtōn“ (um 800) = „erwägen, beachten, schätzen“.


Definition

Bedingungslose und vorbehaltlose Geistesgegenwart, ohne zu bewertenverbunden mit dem Zweck der weitsichtigen Wahrnehmung und/oder eines hohen Bewusstseins.


Beschreibung

Achtsamkeit ist eine bewusstseinserweiterte Form der Aufmerksamkeit (auf sich, andere oder die Umwelt) mit der Aktivierung und Nutzung hoher Wahrnehmungsfähigkeiten. So ist bloße Aufmerksamkeit eher „Fokus“ (Zentrierung), während Achtsamkeit eine Art „Allwahrnehmung“ (Dezentrierung) ist, also eine gegensätzliche Art der Haltung, Zielsetzung und des Wahrnehmungsspektrums.

Diese Form der besonnenen Aufmerksamkeit ist nicht wertend, gegenwartsbezogen und wird von einem vernünftigen Motiv begleitet, welches frei von Egoismus und Egozentrik ist.

Methoden der Achtsamkeit werden auch zur Verminderung oder Verhinderung von Leiden angewendet.

Achtsamkeit ist vor allem in der hinduistischen und buddhistischen Lehre sowie bei zahlreichen Meditations-Anwendungen verankert.

In der westlichen Kultur ist das Ausüben von Achtsamkeit besonders innerhalb einzelner Psychotherapien etabliert. Dies wurde besonders durch die Psychoanalytiker Carl Gustav Jung und Erich Fromm initiiert.

Achtsamkeit kann durch Rituale aktiviert und trainiert werden, z. B. durch bewusstes Atmen* – durch

  1. bedächtiges und kräftiges Einatmen (großes, aber angenehmes Volumen), mit der Vorstellung, jetzt, in diesem Moment Energie, Kraft, Leben, Bewusstheit einzuhauchen (tanken),
  2. dann „lassend“ und genüsslich ausatmen, als Symbol für Gelassenheit und anschließender Entfaltung.

Einige Meditationslehrer empfehlen eine Übung, bei der die Atemzüge pro Minute gezählt werden. Das erzeugt z. B. das Momentum des Augenblicks sowie das Abschalten der konzentrierten Aufmerksamkeit auf irgendetwas anderes, äußeres – man kommt quasi zu sich selbst, zum Inneren.

* Atem: aus althochdeutsch „ātum“ (8. Jh.) = „Hauch“; abgeleitet aus germanisch „ēþma-“ und altindisch „ātmā́“ = „Hauch, Seele, Selbst“. Luthers Bibelübersetzung bevorzugt die landschaftliche Form „Odem“ (Lebenskraft), die später in der gehobenen, dichterischen Sprache Anwendung fand.


Zitate

„Alles, was ich heute tue, ist wichtig, gebe ich doch einen ganzen Tag meines Lebens dafür.“

George Bernard Shaw (1856 bis 1950)

„Wenn du die Berührung mit der inneren Stille verlierst, verlierst du den Kontakt mit dir selbst. Wenn du den Kontakt mit dir selbst verlierst, verlierst du dich in der Welt.“

Eckhart Tolle (1948 bis heute)

„Wenn Sie wirklich zuhören, dann geschieht dabei ein Wunder. Das Wunder besteht darin, dass Sie ganz bei dem sind, was gesagt wird, und gleichzeitig ihren eigenen Reaktionen lauschen.“

Krishnamurti (1895 bis 1986)

„Es ist ein Geist des Guten in dem Übel, zög ihn der Mensch nur achtsam da heraus!“

William Shakespeare

„Wenn du es eilig hast, geh langsam. Wenn du es noch eiliger hast, mach einen Umweg.“

Aus Japan

„Achtsamkeit ist das Gewahrsein, das entsteht, wenn wir unsere Aufmerksamkeit absichtlich auf den gegenwärtigen Moment richten – ohne zu urteilen.“

Jon Kabat-Zinn (geb. 1944); emeritierter Professor an der University of Massachusetts Medical School in Worcester


In den Medien

Achtsamkeit – was ist das eigentlich? | Gert Scobel (Teil 1 – 25:46)

Der deutsche Journalist, Fernsehmoderator, Autor und Philosoph Gerd Scobel geht in seiner 3-teiligen Reihe der Achtsamkeit auf den Grund:

Von Achtsamkeit wird allenthalben geredet, Meditation und Yoga gelten als neue Wundermittel gegen Stress. Doch was ist das eigentlich? Die Jahrtausende alte Tradition des Zen-Buddhismus ist nicht erst in unsere Filterblase geschwappt, seitdem es Apps dafür gibt. Schon Schopenhauer oder Hermann Hesse beschäftigten sich mit Meditation, und natürlich gaben die Beat-Generation und die Hippie-Zeit dem Ganzen einen ordentlichen Schubs – mit allem esoterischen Geschwurbel, was sich drum herum entwickelte. Der Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn entwickelte buddhistische Meditationstechniken weiter, speckte sie quasi ab, um sie an westlichen Universitäten und in der Forschung zu etablieren. 1979 gründete er am MIT die Stress Reduction Clinic. Dort entwickelte er MBSR – die Methode der Mindfulness based Stress Reduction, die inzwischen weltweit verbreitet ist. Auch der 14. Dalai Lama hat dazu beigetragen, die Auswirkungen von Meditation aufs Gehirn zu erforschen. Eine Kehrseite der Medaille: „McMindfulness“ und meint Achtsamkeit als spirituelles oder pseudospirituelles Fastfood, bisweilen wird sie in großen Unternehmen eingesetzt. Teil I von Scobels Reihe zu „Achtsamkeit“.

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Teil 2: Was dabei im Gehirn passiert. (15:28)

Zweiter Teil zum Thema “Achtsamkeit”: Was passiert dabei im Gehirn – und, noch wichtiger: was passiert mit uns?

Achtsamkeitstraining hat vor allem drei Auswirkungen: die Stärkung der Aufmerksamkeitsregulation, die verbesserte Emotionsregulation und die Veränderung im Selbsterleben.

Den grössten Teil des Tages – rund die Hälfte – verbringen wir im Zustand des DMN – Default Mode Network, auch Mindwandering oder Tagträumen genannt. Neurowissenschaftler nennen diesen Zustand „Werkeinstellungen des Geistes“. Achtsamkeit und Meditation unterbrechen diesen Zustand. Zu Meditieren heißt realistischer zu werden: zurück zu kommen zur tatsächlichen, realen Wahrnehmung dessen was ist: zur Gegenwart. Achtsamkeit erleichtert auch die positive Umdeutung einer Wahrnehmung oder eines Reizes – was man in der Psychologie positives Reappraisal nennt, das ist für viele Therapien sehr wichtig.

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Teil 3: Achtsamkeit kann auch gefährlich sein. (12:26)

Wenn Achtsamkeit wirkt, hat sie auch Nebenwirkungen. Deshalb gilt es, bei Achtsamkeitstraining und Meditation einige Faustregeln zu beachten.

Für gesunde Menschen gibt es in der Regel nichts zu befürchten. Anders sieht es bei Menschen aus, die unter psychischen Erkrankungen leiden, die möglicherweise noch nicht erkannt wurden. Das sind zwischen 5 und 15% der deutschen Bevölkerung (2014). In diesen Fällen ist eine gute therapeutische Begleitung notwendig, denn es gibt keinen meditativen Weg ohne spirituelle Krisen.

Im dritten Video zum Thema „Achtsamkeit“ geht es um Risiken und Nebenwirkungen von Achtsamkeitstraining und Meditation.

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Achtsamkeit im Alltag – „meditation2go“

Diese einfachen und kurzen Übungen unterstützt dabei, Achtsamkeit in den Alltag zu integrieren – insbesondere achtsam mit und auf sich selbst zu sein.

Auf der Webseite von www.selbst-mitgefuehl.de werden zahlreiche dieser Übungen aufgeführt uns als „meditation2go“ bezeichnet.


Literatur

Buch: „Kraft aus der Stille: Vom Wachsen des Bewußtseins

Taschenbuch – 1. Juli 2010 von Joachim-Ernst Berendt (Autor)

Der Abschluss von Joachim-Ernst Berendts (1922-2000) Lebenswerk: Ein Buch über Achtsamkeit und Kontemplation – eine Hinführung zum Stillwerden und zum bewussten Sein. 

Mit vielen Inspirationen aus der fernöstlichen Tradition und Reflexionen über die Literatur von Hesse und Rilke sowie der Musik.

Berendt war 1945 Mitbegründer des Südwestfunks.

Seit der Siebzigerjahre ist er durch seine Arbeiten über den Klangcharakter der Welt und das Wunder des „Hörens“ hervorgetreten. Er ist Autor von 36 Büchern, die in 21 Sprachen übersetzt wurden, hat zahlreiche CDs produziert und ist durch Workshops und Vorträge in der ganzen Welt bekannt geworden.

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Buch: „Mindsight – Die neue Wissenschaft der persönlichen Transformation: Vorwort von Daniel Goleman

Taschenbuch – 19. November 2012 von Daniel J. Siegel (Autor), Franchita Mirella Cattani (Übersetzer), Vorwort von Daniel Goleman

Im Inneren eines jeden von uns verbirgt sich ein Ozean von Gefühlen, Erinnerungen und Träumen – aber auch von Ängsten, Groll und Enttäuschungen. Diese können, wenn sie unbewusst bleiben, unser Denken und Handeln auf zerstörerische Weise beeinflussen. Mit Daniel Siegels therapeutischer Methode „Mindsight“ erlangen wir eine klarere Sicht auf unsere eigene Innenwelt und die unserer Mitmenschen. So ist es tatsächlich möglich, Traumata zu heilen und unser Hirn neu zu „verdrahten“, sodass negative Erfahrungen unser Handeln nicht länger sabotieren. „Mindsight“ gilt in den USA als das Standardwerk für die praktische Umsetzung der Neuroplastizität.

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Hinweis: Dieses Buch erschien ursprünglich unter dem Titel „Die Alchemie der Gefühle“ im Kailash Verlag.


Interesse im zeitlichen Verlauf

Gemäß Google Trends hatte der Begriff Achtsamkeit von 2004 bis 2022 im Januar 2020 das größte Interesse bei den Suchanfragen.


Letzte Bearbeitung am 20.12.2022

Co-Autor: Florian Sauer

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